Salzburger Numismatische Nachrichten

(Salzburger) Münzgeschichte aus Handel, Museen und Wissenschaft - von Münzhandel Peter Macho

F. Nauhauser: Neues zu einem alten Mozart Porträt

Juni 14th, 2017 by Peter Macho

Bei den Recherchen zur Chronologie und Porträtikonographie der ältesten Mozartmedaillen faszinierte mich ein Porträt von Wolfgang Amadeus, aus dem Besitz des schwedischen Diplomaten Fredrik Samuel Silverstolpe, der das Kunstwerk von Mozarts Frau Constanze Mozart erhalten hatte und später der Universitätsbibliothek Uppsala schenkte.

MOZART, © Uppsala University Library, alvin-record:94727

© Uppsala University Library, alvin-record:94727
http://www.alvin-portal.org/alvin/imageViewer.jsf?dsId=ATTACHMENT-0001&pid=alvin-record%3A94727&dswid=1511

Unter dem Porträt befindet sich folgende Anmerkung in Schwedisch:  “Detta tämmel. själlöst ritade portrait af Mozart ansågs af hans efterlefvande vänner i Wien äga en fullkomlig likhet i materiellt afseende.”
Ins Deutsche übersetzt: “Dieses etwas uninspiriert gezeichnete Porträt Mozarts wurde von seinen Hinterbliebenen Wiener Freunden als völlig wirklichkeitsgetreu angesehen.” (1) Das Porträt ist von einem Künstler signiert, welcher bisher nicht identifiziert werden konnte und auch eine Datierung des Bildnisses war unmöglich .(2)

Die Ähnlichkeiten dieses Porträts und den Medaillons vom Wachsbossierer, Medailleur und Bildhauer Leonhard Posch (1750-1831), wurden bereits zu Beginn den 20. Jahrhunderts gezeigt. Nils G Svanfeldt schreibt dazu (Die Musik, 1914) “das Bild ist ziemlich undeutlich signiert, man wird nicht recht klug daraus.”. In der Faksimile Edition “Eine kleine deutsche Kantate” schreibt Rainer Leptihn dazu “Die schlichte Zeichnung ist - dem Rand der Medaillon-Form folgend - mit einem nicht identifizierten Namessschriftung bzw. einer Signatur versehen: der Urheber bleibt also unbekannt.”

Die Salzburger Stiftung Mozarteum hat 2015 ein solches Posch Medaillon aus Privatbesitz erhalten:

MOZART, Posch,  © Stiftung Mozarteum

http://salzburg.orf.at/news/stories/2715688/

© Stiftung Mozarteum

Auch hier ist eine Datierung des Gipsmedaillons noch „offen”.

Nachdem mir Frau Kia Hedell von der Universitätsbibliothek Uppsala dankenswerter Weise einen link gesendet hat, bei dem man das Bild vergrößern kann, konnte ich auch die Signatur des Künstlers näher betrachten. Dabei fiel mir der Familienname des Künstlers gleich besonders auf, da mir dieser bereits bei niederländischen Kupferstichen im 17. Jahrhundert begegnet ist. Nach weiteren Recherchen in Fachliteratur konnte der Künstler von mir identifiziert werden (3)   und wichtige biographische Details offenbarten sich (4)  :
Der Künstler Jean Baptiste Harrewijn (1722 - 1782) welcher das Portät von Mozart signiert hat, stammt aus der bekannten Familie von Amsterdamer Graveuren, welche in die Österreichischen Niederlande nach Brüssel auswanderte. Wie sein Vater Francois, stand auch er im Dienste seiner Majestät, Kaiserin Maria Theresia, als Graveur der Münze zu Brüssel. 1753 reiste Jean Baptiste Harrewijn für zwei Jahre nach Wien um hier beim renommierten Medailleur Donner seine Fähigkeiten in der Kunst der Gravur von Medaillen zu perfektionieren. (5)  Doch wie und wann kommt dieser Künstler dazu ein Porträt von Mozart im Stil von Posch anzufertigen?
Da Jean Baptiste bereits am 2. Dezember 1782 verstarb, muss das Portrait vor 1782 entstanden sein. Wolfgang Amadeus Mozart zog 1781 nach Wien wo damals auch Leonhard Posch beim Salzburger Bildhauer Johann Baptist Hagenauer (1732 - 1810) tätig war (6). In der Online Sammlung der Österreichische Galerie Belvedere?findet sich eine Wachsbossierung des Johann Baptist Hagenauer (Inv.-Nr. 4741) von Leonhard Posch, welche um 1780 datiert ist:

Johann Baptist Hagenauer, © 2016 Österreichische Galerie Belvedere, Wien, Inventarnummer: 4741

http://digital.belvedere.at/objects/3496/johann-baptist-hagenauer
© 2016 Österreichische Galerie Belvedere, Wien, Inventarnummer: 4741

Die frühe Datierung auf um 1780 lässt es möglich erscheinen, dass L. Posch, welcher ja mit W. Mozart persönlich befreundet war (7) , in dieser Zeit auch eine Wachsbossierung von Ihm angefertigt hat.
Im Mozart-Buch von Constantin von Wurzbach findet sich ein weiterer Hinweis der diese Möglichkeit unterstütz: „…nach einem Basrelief-Porträt Mozart’s von dem Bildhauer Posch bei Lebzeiten Mozart’s im Jahre 1781 verfertigt…” (8)
Das Posch Medaillon von Mozart, welches die Salzburger Stiftung Mozarteum 2015 erhalten hat, könnte also ebenfalls in die Zeit um 1781 fallen.
Einen letztlich stichhaltigen Beweis gibt es aber damit noch nicht.

Das Porträts Mozart´s von Harrewijn wäre aufgrund der Lebensdaten des Künstlers ebenfalls in die Zeit vor 1782 zu datieren.
Denkbar wäre eine Anfertigung in Wien in dieser Zeit, doch leider gibt es auch dafür keine weiteren Belege.
Wenn ein Aufenthalt von Jean Baptiste Harrewijn in dieser Zeit in Wien nachweisbar wäre - vielleicht aufgrund seiner Tätigkeit als Graveur für die Staatliche Münze - wäre das ein weiter Hinweis der die Datierung festigen könnte.

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1 Wolfang Amadé Mozart: Eine kleine Deutsche Kantate KV 619 “Die ihr des Weltalls unermesslichen Schöpfer ehrt …” ; Hiltrud M. Brinkschulte/ Rainer Lepthin, Tripel-Ausgabe,  Pasticcio-Verlag, Neudruck Gauting 2010

2 Neue Mozart-Ausgabe (Serie X, Supplement, Skizzen. Bärenreiter 1998, p. 48) könnte gelesen werden als “J: B: Keaesvyn del:”, ist noch nicht identifiziert.

3 Histoire monétaire des Comtes de Louvain, Ducs de Brabant et Marquis du Saint Empire: TIII, p.310; Académie royale d’Archéologie de Belgique, 1899

4 Emile Henri Van Heurck : Les Harrewijn : Jacques, Jacques-Gérard, François, Jean-Baptiste et leurs descendants; avec fac-simile et planches. Uitgaven der Antwerpsche Bibliophilen, no. 35. Buschmann, 1920

5 Revue Belge de Numismatique et de Sigillographie, 1908 by B. De Jonghe and Th. De Limburg-Stirum, Volume 64, S. 477ff

6 Anne Forschler-Tarrasch: Leonhard Posch. Porträtmodelleur und Bildhauer. 1750-1831. Mit einem Verzeichnis seiner Werke und deren Vervielfältigungen in Eisen- und Bronzeguß, Porzellan und Gips (= Die Kunstmedaille in Deutschland. Bd. 15). Arenhövel, Berlin 2002

7 Schneider, Dr. Manfred: Mozart in Tirol 1991: Nr. 66 - Spat 1991, S. 4950

8 Wurzbach, Dr. Constantin von: Mozartbuch, Wien: Wallishausser, 1869, S. 185 (zur Datierung Mozart Kupferstich von Mansfeld und Posch Relief)





				

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